Eine selbstbestimmte Selbst-Konstitution unter Bedingungen der Digital-Vernetzung setzt die Preisgabe von Daten immer mehr voraus. Möchte man sich mit anderen messen und vergleichen, Belohnungen für einen guten Lauf erhalten oder den eigenen Fortschritt festhalten, muss man zunächst Daten einspeisen. Man muss für andere als auch für die App sichtbar sein, um Resonanz auf die eigene Laufpraxis zu erhalten. Dies läuft allerdings dem klassischen Bild der eigenverantwortlichen informationellen Selbstbestimmung entgegen. Die Nutzer:innen werden mit widersprüchlichen Anforderungen konfrontiert: Sei sichtbar und vernetze dich, um dich selbst zu formen – und schütze und kontrolliere deine Daten vor dem Zugriff anderer. Diese Ambivalenz kann nur schwer auf individueller Ebene aufgelöst werden, ist dieser Konflikt doch auf gesellschaftsstruktureller Ebene verankert. Denn Nicht-Nutzung oder eingeschränkte Nutzung ist keine befriedigende Lösung, möchte man auf digitale Teilhabe nicht verzichten.
Zeitgleich wird das vordergründige Versprechen sich selbstbestimmt zu formen dahingehend unterlaufen, als das die Nutzer:innen gleichzeitig Werbeobjekte datenökonomischer Geschäftsprozesse sind. Denn hierbei geht es gerade nicht darum, die Nutzer:innen in ihrer selbstbestimmen Entscheidungen zu unterstützen, sondern vielmehr Einfluss darauf zu nehmen, sich in ganz bestimmte Weise selbst zu konstituieren und ganz bestimmte kulturelle Praktiken zu fördern, um möglichst viele auswertbare Daten zu produzieren und schließlich so Einfluss auf Kaufentscheidungen ausüben zu können. So wird die selbstbestimmte Selbstbestimmung zur fremdbestimmten Selbstbestimmung.